25.07.2021, 14:15 Uhr

Denkmäler in Mössingen
Gemeinderatskolumne

Schon wieder geht ein Baudenkmal verloren in Mössingen. Das denkmalgeschützte Gebäude Auf der Lehr 16, eines der ältesten Häuser in Mössingen und ein Paradebeispiel für die Firstständerbauweise des ausklingenden Spätmittelalters, wird abgerissen. Und wieder gibt es viele, die mehr oder weniger empört fragen: wie kann das sein? Gilt in Mössingen der Denkmalschutz nichts, hat ihn Stadtverwaltung oder Gemeinderat etwa „abgeschafft“? So viele wertvolle alte Bausubstanz ist in Mössingen in den letzten 50 Jahren unwiederbringlich, aber eben auch unwidersprochen, verloren gegangen - hätte da die Stadt nicht eingreifen können, ja eingreifen müssen? Notfalls, hört man dann, müsse die Stadt stadtbildprägende, historisch wertvolle Gebäude eben kaufen und selbst sanieren.

Tatsächlich schmerzt es, wenn sich, ein Stück nach dem anderen, das historische Mössingen verabschiedet. Aber, genauer betrachtet, sind es gewichtige und nachvollziehbare Gründe, die eine Rolle spielen. Erstens: das jetzt verloren gehende Gebäude befindet sich in Privatbesitz. Und eine der zu Recht solidesten Pfeiler unserer Gesellschaft ist, dass mit Eigentum geschehen kann, was die Eigentümerin für richtig hält - solange die Regeln eingehalten werden. Die Stadt als untere Denkmalbehörde erlaubt den Abriss nur, wenn das rechtens ist. Mag sein, dass in manchen Fällen solange abgewartet wurde, bis nichts mehr zu retten war - dennoch müssen wir aktuell davon ausgehen, dass denkmalschutzrechtlich keine zwingenden Einwände (mehr) bestanden.

Zweitens: dieser Grundsatz gilt auch für städtische Gebäude, ganz aktuell beispielsweise für das “älteste Haus Mössingens” schräg gegenüber. Für eine Stadt kommt aber hinzu, dass sie ein Gebäude nur erhalten kann, wenn es anschließend eine Nutzung dafür gibt. Das wird bei 1,60 Meter Geschosshöhe hier aber schwierig. Und zu Lasten Ihres und meines Geldbeutels (kommunales Geld ist schließlich am Ende immer das Geld der Bürger!) Häuser zu sanieren, die hinterher keinen Nutzen haben, ist zurecht etwas, was nicht oft vorkommen darf.

Drittens: dass die Stadt Mössingen entgegen der oft geäußerten Meinung durchaus etwas für Denkmalschutz übrig hat, kann jeder sehen, der die Sanierung der Pausa verfolgt hat. So wurden hier akribisch Teile der verrotteten Fenstersprossen durch von Hand je einzeln eingepasste Holzleistchen ersetzt oder teure Spezialisten beschäftigt, um Metalltore originalgetreu zu sanieren, deren Konstruktion schon vor 50 Jahren eine Zumutung war. Aber das für eine Stadt unserer Größenordnung gigantische Baudenkmal Pausa bindet so viel baurechtliche manpower in der Verwaltung und schluckt so viel von der knappen Mössinger Finanzkraft, dass uns anderswo schneller, als es uns recht sein kann, das Geld ausgeht. So ist der Segen eines großen kulturellen Erbes eben der Fluch für manches kleinere Projekt, das die Stadt durchaus hätte stemmen können, gäbe es die Pausa nicht.

Wer all das nicht akzeptieren kann, sei daran erinnert: Das älteste Haus Mössingens in der Mittelgasse 24/26, ein Firstständerbau wie das jetzt beklagte Haus gegenüber und mit Baujahr 1431/32 sogar noch 70 Jahre älter, eines der ältesten Gebäude seiner Art in ganz Baden-Württemberg, steht für wenig Geld zum Verkauf, und das Bauamt wäre sicher bereit, einen privaten Eigentümer bei der denkmalgerechten Sanierung mit Rat und Tat zu unterstützen. Denn, auch das ist bei uns Konsens: wir sollten uns alle gemeinsam um kreative Lösungen bemühen, von der wenigen historischen Bausaubstanz unserer Stadt, die es noch gibt, so viel wie möglich zu erhalten.


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