15.06.2020, 10:19 Uhr

Zu den Kinderbetreuungsgebühren
Gemeinderatskolumne

Ende Juni soll der Gemeinderat über eine Erhöhung der Kinderbetreuungsgebühren entscheiden. Schon Ende 2018 war im Konsens für September 2019 eine weitere Anpassung geplant gewesen. Erst verwaltungsseitig verzögert und dann wegen der Corona-Situation verschoben soll diese jetzt ein Jahr später endlich umgesetzt werden. Dennoch sind viele nicht glücklich damit.

Auch wir in der CDU-Fraktion haben Respekt vor der Leistung von Eltern, deren materieller und persönlicher Aufwand zugunsten ihrer Kinder von der Gesellschaft nicht hoch genug geschätzt werden kann. Wir wissen gut um die Belastungen, aber auch um die unbezahlbaren Glücksmomente, die das Leben mit Kindern mit sich bringt. Das schwingt in der politischen Arbeit bei Beschlüssen, die auch die Situation von Familien mit Kindern berühren, immer mit und prägt unser Wohlwollen gegenüber jungen Familien. Planung und Finanzierung unserer Kitas und Schulen, finanzielle Entscheidungen zugunsten der Kinder-Ferienbetreuung, Beratungsangebote für Familien, Investitionen in sichere Wege zu Kitas und Schulen, Kinderboni beim Kauf städtischer Grundstücke, all das ist uns wichtig. Niemals aber dürfen legitime Interessen anderer Bevölkerungsgruppen und der Aspekt der Finanzierbarkeit völlig ausgeblendet werden.

Fakt ist nämlich auch, dass die Kinderbetreuungsgebühren stets weniger als 20% der tatsächlichen laufenden Kosten der Kinderbetreuung decken. Dieser „Kostendeckungsgrad“, für den der Städte- und Gemeindetag einen Wert von 20% als zumutbaren Kompromiss empfiehlt, ist in Mössingen noch nie erreicht worden und wird auch nach dieser Runde der Gebührenerhöhung nur bei knapp unter 18% liegen. Den Rest bezahlt die Stadt aus dem allgemeinen Haushalt, also bezahlen ihn alle Steuerzahler gemeinsam. Und weil Familien mit geringem Einkommen kaum Steuern bezahlen und Kinderfreibeträge die Steuerlast weiter reduzieren, haben wir damit automatisch eine stärkere Belastung wohlhabender Bürger und Kinderloser. Und die Wirtschaft zahlt über die Gewerbesteuer für das Betreuungsangebot kräftig mit.

Denn tatsächlich ist der Aufwand, den die Stadt für Kinderbetreuung aufbringt, sogar noch deutlich größer als die 82% der laufenden Kosten. Die enormen Beträge für die Sanierung der Kindertagesstätten und für den Bau neuer Gebäude kommen ja ebenfalls aus Mitteln der Stadt. Realistisch betrachtet zahlen also die Eltern, die für ihre Kinder momentan ein Betreuungsangebot nutzen, nur einen kleinen Bruchteil der tatsächlichen Kosten. Der soll jetzt, ein Jahr verspätet, um einen moderaten Prozentsatz angehoben werden. In Abwägung aller Aspekte scheint uns das vertretbar.

Die Gebührenerhöhung ist definitiv keine Maßnahme der Stadt, sich zu bereichern. Die Kosten des laufenden Betriebs sind, hauptsächlich wegen der berechtigten Tariferhöhungen für Erzieherinnen, gestiegen, und das wird weitergegeben. Und natürlich zahlt keiner, wenn wegen Corona die Kinderbetreuung ausgefallen ist.

In der ganzen Stadt werden von den Eltern in allen Einrichtungen weiter dieselben Gebühren für dieselben Grundleistungen verlangt. Allerdings legen wir in den KiTas der Stadt freiwillig und unentgeltlich noch eine Schippe drauf, um eine bessere Qualität als andere zu bieten. Der Gemeinderat ist zurecht stolz auf die Verbesserungen, die wir für Kitas und Erzieherinnen beschlossen haben und die sich, das bestätigen auch die Erzieherinnen, positiv auf die Situation der betreuten Kinder auswirken.

Weiterhin tragen die Eltern dennoch weniger als 20% der realen laufenden Kosten, den Rest und die Investitionen tragen alle gemeinsam. Wir halten das für fair. Weil aber viele Haushalte momentan unter Druck sind, ist der Zeitpunkt der Gebührenerhöhung unglücklich. Deshalb sind wir auf die Stadtverwaltung zugegangen mit der Frage, ob es möglich ist, diese Änderung erst später, z.B. zum Jahreswechsel, in Kraft zu setzen. Und kann eine Familie das Geld wirklich nicht aufbringen, dann kann sie sich mit einem Härtefallantag an die Stadt wenden. Dies ist auf der homepage der Stadt nachzulesen und kann natürlich sehr gerne an bedürftige Eltern weitergeben werden.

Ganz generell kann man Vorschulbildung durchaus auch als Aufgabe der ganzen Gesellschaft sehen, die kostenneutral anzubieten sei, so wie das für Schulbildung zumindest weitgehend gilt. In vielen Bundesländern ist das so. Absurd ist nur, dass wir als “Geberland” des Länderfinanzausgleichs das für andere finanzieren und uns deshalb die finanziellen Möglichkeiten fehlen, so etwas einfach auch hier einzuführen. Zudem muss bedacht werden, dass der Begriff der „kostenlosen“ Kinderbetreuung eine Täuschung ist, denn kostenlos ist Kinderbetreuung niemals - es bezahlen eben mal die einen und mal die anderen oder im Idealfall alle je einen Teil.

Für die CDU-Fraktion im Mössinger Gemeinderat

Dr. A. Gammel


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