26.01.2024, 14:06 Uhr

Zur Haushaltsdebatte
Gemeinderatskolumne

Am vergangenen Montag hat der Gemeinderat den Haushalt der Stadt beschlossen - damit waren wir in Mössingen übrigens zum erstem Mal schneller als der Bundestag in Berlin, der den Bundeshaushalt noch nicht in trockenen Tüchern hat. Obwohl Stadtverwaltung und Gemeinderat seit der Cyberattacke im November auf wichtige Hilfsmittel verzichten mussten, waren wir handlungsfähig. Das allein sagt schon einiges über die Arbeitsmoral und Findigkeit der Akteure aus.

Typischerweise ist die Haushaltsdebatte immer auch eine Gelegenheit, in den Haushaltsreden Grundsätzliches zur Politik des vergangenen Jahres zu äußern und die Einschätzung der Fraktionen zur näheren Zukunft zu besprechen. Andererseits können die Fraktionen aber auch versuchen, eigene politische Ideen und Akzente im Haushalt zu verankern. Denn nur, wenn wir es schaffen, Geld im Haushalt dafür bereitzustellen, kann aus Ideen Wirklichkeit werden. Das gilt für Visionen der Stadtverwaltung genauso wir für die der Gemeinderäte.

In diesem Jahr war es aufgrund der allgemeinen Teuerung und speziell auch der deutlich gestiegenen Personalausgaben und Baupreise schwieriger als in den letzten Jahren, im Haushalt Einnahmen und Ausgaben zur Deckung zu bringen. Deshalb haben einige der Fraktionen gar keine Anträge gestellt, um den Haushalt nicht zusätzlich zu belasten. Dabei sind die Ideen der Gemeinderäte nicht weniger legitim oder gewichtig als die der Stadtverwaltung. Viele Initiativen, die das Gesicht der Stadt positiv verändert haben oder das Zusammenleben verbessern, sind aus der Mitte des Gemeinderates vorgetragen worden, übrigens zu einem großen Teil auch von der CDU-Fraktion.

Dieses Jahr konnten wir mit unseren Vorschlägen die Kolleginnen und Kollegen im Gemeinderat nicht überzeugen. Befürchtungen, der von uns vorgeschlagene Zuschuss zu den Müllentsorgungskosten junger Familien würde diese verleiten, mehr Einmalwindeln als nötig zu verbrauchen (das halten wir immer noch für Unsinn) und der Einwand, auch manche Senioren wären irgendwann auf Windeln angewiesen (ein richtiger Einwand, aber ist es wirklich klug, die Alten gegen die Jungen auszuspielen?) verhinderten eine Mehrheit für unseren Antrag zugunsten junger Familien und deren neugeborener Kinder. Und das Gros der Gemeinderäte wollte die Stadtverwaltung vor der Mehrarbeit schützen, die Untersuchungen zu Chancen und Kosten von „Bad Mössingen“ oder die Klärung der Frage der Generationengerechtigkeit verursacht hätten.

Aber so funktioniert Demokratie. Wir alle versuchen, Anregungen aus der Bevölkerung und eigene Ideen in die politische Diskussion zu bringen. Und die Mehrheit entscheidet. Manchmal muss man dann einsehen, dass eine Idee doch nicht gut genug war. Manchmal muss man auch weitere Argumente sammeln und weiter geduldig Überzeugungsarbeit leisten und kommt später doch noch ans Ziel, vielleicht auch, weil der Nutzen einer Idee erst mit der Zeit einleuchtet. In jedem Fall bringen solche Debatten uns alle weiter.

Und immer ist die Arbeit im Gemeinderat auch eine persönliche Bereicherung. Jeder von uns kann aus diesen Debatten auch persönlich lernen und an ihnen wachsen. Wer also Interesse daran hat, unsere Stadt mitzugestalten und für einige Jahre Verantwortung zu übernehmen, statt über Mißstände nur zu klagen oder eigene Ideen zu unterschätzen, hat jetzt die Gelegenheit, einzusteigen in die Mitgestaltung der Zukunft unserer Stadt. Je nach politischer Neigung finden Sie gewiss eine Partei oder Gruppierung, auf deren Liste Sie bei der kommenden Kommunalwahl kandidieren können. Natürlich gehört auch Mut dazu, sich einer Wahl zu stellen. Aber fassen Sie sich ein Herz - gerade jetzt braucht die Gesellschaft Menschen, die bereit sind, sich für unsere Demokratie zu engagieren, nicht nur einmal auf einer Demonstration wie am Samstag nachmittag auf dem Löwensteinplatz, sondern dauerhaft und verlässlich.


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